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C1 Die Produktion städtischer Migrationsräume durch Kommunen und Wissenschaft
Das Teilprojekt untersucht die Produktion städtischer Räume der Migration durch Kommunen und Wissenschaft. Es zielt auf eine reflexive Analyse raumbezogener Muster und Unterscheidungen in kommunalen Wissens- und Handlungsregimen im Umgang mit Migrationsprozessen sowie ihrer Wechselbeziehung mit wissenschaftlicher Praxis und Theorieproduktion.
Städte und Stadtviertel spielen in der wissenschaftlichen Verortung von Migration eine zentrale Rolle. Auch Kommunen selbst beobachten Migration und ihre Folgen raumbezogen und weisen Räumen der eigenen Stadt migrationsbezogene Bedeutungen zu. Städte und ihre Verwaltungen produzieren verräumlichtes Datenwissen (z.B. Statistiken, Karten und Sozialberichte), das Verwaltungshandeln legitimiert, politische Maßnahmen motiviert und Eingang in die Stadt- und Migrationsforschung findet. Umgekehrt rekurrieren Städte auf Analysen und Begriffe aus der Wissenschaft oder lassen sich von ihr beraten. Wissenschaftliche Konzepte und diskursive Deutungsmuster wie ›Segregation‹, ›Superdiversität‹ oder ›Ankunftsquartier‹ zirkulieren ortsübergreifend und transnational. Medial verstärkt, konnten Raumsemantiken wie das ›Ghetto‹ eine enorme Wirkung auf das Wahrnehmen und ›Vermessen‹ städtischer Räume und deren Beeinflussung durch Politik und Verwaltung gewinnen. Sie prägen die gesellschaftlichen Vorstellungen und Bilder von Migration und von Migrant:innen in Städten ebenso wie die darauf bezogene politische Bearbeitung.
An diesen Befunden, die bislang weitgehend auf die Konstruktion urbaner ›Problemviertel‹ beschränkt geblieben sind, setzt das interdisziplinäre Teilprojekt an. Es fragt mit Mitteln der geschichtswissenschaftlichen wie der humangeographisch-sozialwissenschaftlichen Analyse, wie und warum verräumlichende Beobachtungen und Deutungen von Migration in Städten im Zusammenspiel von lokaler Politik, Verwaltungspraxis und wissenschaftlicher Forschung dominant werden und Wirkung entfalten. Gegenwärtige Beobachtungs- und Deutungsweisen werden ebenso in den Blick genommen wie ihre historische Herausbildung seit den 1970er Jahren. Dabei liegt ein Fokus auf der Verschiebung von lange dominierenden problematisierenden zu affirmativen und potenzialorientierten Deutungsmustern. Ausgehend von Deutschland arbeitet das Projekt Dynamiken, Mechanismen, Bedingungen und Funktionen der Ko-Produktion städtischer Migrationsräume durch Kommunen und Wissenschaft heraus.
Um dies zu leisten, umfasst das Teilprojekt vier prototypische und miteinander verschränkte Fallstudien. Sie behandeln die städtische Wissensproduktion am Beispiel der Verarbeitung statistischer Daten und ihrer Visualisierung in Form von Karten und Graphiken (Fallstudie 1), kontextübergreifende Akteursnetzwerke (Fallstudie 2), kommunale Organisationen und ihr Handeln (Fallstudie 3) sowie zirkulierende Konzepte und Raumsemantiken (Fallstudie 4). In einem fünften Arbeitspaket werden die Befunde zusammengeführt und im Hinblick auf die übergreifenden Fragestellungen des Teilprojekts sowie des SFB ausgewertet.